Geschichte

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Die Geschichte des Schlosses von Voltaire

Vue de l'arrière du monument avec son jardin à la française

Das nahe der Schweizer Grenze gelegene Schloss Voltaire in Ferney beherbergt 20 Jahre lang einen der berühmtesten Philosophen des Zeitalters der Aufklärung. Entdecken Sie das Anwesen, wie es seit dem 18. und 19. Jahrhundert besteht, und das gleichzeitig Schloss, Schriftstellerhaus und Gedenkstätte ist.

Die Ankunft von Voltaire in Ferney

Voltaire erwirbt 1759 von der Familie Budé das herrschaftliche Anwesen von Ferney, das zu diesem Zeitpunkt ein von Sumpfgebieten umgebener "elender Weiler“ mit gerade einmal 200 Seelen ist.

Warum lässt sich ein renommierter Philosoph in diesem entlegenen Gebiet nieder?

Diese Ankunft fügt sich in den übergeordneten Rahmen der Ansiedlung von Voltaire in der Region, am Ufer des Genfer Sees, ein. Nachdem er sich mit König Friedrich ll. von Preußen, bei dem er von 1750 bis 1753 lebte, zerstritten hatte, muss er den Ort verlassen und einen neuen Wohnsitz finden. Das für seine Verleger und seinen Geist der Toleranz bekannte Genf kommt ihm rasch in den Sinn.

Er wohnt zunächst in Prangins und Lausanne im Kanton Waadt, dann 1755 im Haus "Les Délices“ in Genf. Er beschreibt diese Stadt als Heimat der Freiheit. Allerdings werden seine Illusionen rasch zerstört, diese protestantische Stadt zensiert seine Werke und verbietet das Theater, dem er leidenschaftlich frönt. Der am französischen Hof unerwünschte und in Genf stark eingeschränkte Voltaire beschließt, zwei in der Nähe von Genf liegende Anwesen, Ferney und Tournay, zu erwerben, allerdings in Frankreich, um dort "unabhängig und vollkommen frei“ zu sein.
 

Gravure avec vue extérieure sur le château côté cour. Sur la droite, Voltaire semble discuter avec un cavalier et il y a deux personnages à gauche
« Vue du château de Ferney du côté de la cour »

© David Bordes / Centre des monuments nationaux

Gibt es einen glücklicheren Zustand? Ich befinde mich zwischen Frankreich und der Schweiz ohne von dem einen oder anderen abhängig zu sein ? 

Die Errichtung des Schlosses

Der Kaufvertrag für das Schloss wird am 9. Februar 1759 auf den Namen seiner Nichte, Madame Denis, abgeschlossen.

Schon 1758 beginnt Voltaire mit den Bauarbeiten, er soll hierfür die Dienste des bekannten Genfer Architekten Jean-Michel Billon in Anspruch genommen haben. Eine defensive Ausrichtung entsprach nicht mehr dem Zeitgeist, er lässt seinen Wohnsitz auf den Ruinen der ehemaligen Burg aus dem 12. Jahrhundert erbauen, um es zu einem "gemütlichen, urigen und komfortablen Haus“ zu machen. 

Das 1762 fertiggestellte Schloss wird 1765 von Léonard Racle erweitert, der ihm zwei Flügel hinzufügte, um die Massen an Besuchern, die zu Voltaire strömen, aufnehmen zu können. Zu diesem Zeitpunkt werden die Türme und die mittelalterlichen Eingrenzungsmauern abgerissen.

Das Schloss erhält sein endgültiges Erscheinungsbild im Jahr 1766. Es ist im neoklassizistischen Stil erbaut, mit einem sogenannten "Mansarddach“.

Vue extérieure sur le château, côté jardin (façade arrière). Voltaire discute avec des invités au milieu de ses parterres. Au loin les montagnes et le mont Blanc
« Le château de Ferney vu du côté du jardin » par Michel-Vincent Brandoin

© Reproduction Benjamin Gavaudo / Centre des monuments nationaux

Der "Gastwirt Europas“

In ihrer Eigenschaft als Schlossherrin kümmert sich Madame Denis um die Einrichtung und die Empfänge. Voltaire pflanzt Bäume, kümmert sich um seinen Gemüsegarten, holt sich unter den Zweigen seiner Hainbuchen Inspirationen...

Das Leben im Schloss ist angenehm, und das im Dorf sehr aktiv. Er hat das Dorf erheblich verändert : Abwasserentsorgung, gepflasterte Straßen, Brunnen, Schule und Handwerkerhäuser bilden das Dorfzentrum. Manufakturen siedeln sich an : Uhrmacher, Keramikwerkstätten, Gerberei, Töpferei, Seidenfabrik (Zucht von Seidenraupen). 
Ferney wird zu einem wichtigen Handels- und intellektuellen Zentrum im Zeitalter der Aufklärung in Europa.

Angezogen vom Ruhm des Hausherren, der nun den Beinamen "Gastwirt Europas“ inne hat, kommen Besucher aller Art aus ganz Europa nach Ferney : Herrscher, Philosophenfreunde, Literatinnen oder auch Gastkünstler, die im ersten Stockwerk des Schlosses beherbergt werden.

Voltaire dans son jardin, les vignes en contrebas, discute avec des personnes
« La Maison de Voltaire à Ferney » (XIXe siècle)

© Reproduction Benjamin Gavaudo / Centre des monuments nationaux

Voltaires Schriftwechsel

Voltaire schreibt in Ferney sehr viel. Dieser umfangreichen Schriftwechsel, von dem heute noch 13 000 Briefe erhalten sind, zieht sich über ganz Europa. Er ermöglicht es dem Philosophen, den Kontakt mit seinen Beziehungen zu pflegen, seine Meinung weiterzuverbreiten und sein Engagement hochzuhalten.

In den 1750er und 1760er Jahren entwickelt sich in Frankreich ein bedeutsamer philosophischer Diskurs. Die Kritik des Regimes verbreitet sich immer stärker und stellte dessen Grundlagen, die absolutistische Monarchie, die Machtkonzentrationen und religiöse Intoleranz in Frage.

Voltaire nimmt auf sämtlichen Ebenen von Ferney aus an dieser breiten Bewegung teil. Er kämpft insbesondere für die Durchsetzung einer wahrhaften Gerechtigkeit und engagiert sich gegen Willkür bei Gerichtsverfahren.

Voltaire liest sehr viel, und zwar Werke jeglicher Art. Lesen bereitet ihm Freude und inspiriert ihn in seinem eigenen Denken. Beim Lesen macht er sich Notizen und Randbemerkungen, er kommentiert oder sortiert seine Lektüre und macht seine Bibliothek in Ferney zu einem Arbeitswerkzeug.

Portrait de Voltaire à sa table de travail, vue de profil, livre, encrier, clochette, fauteuil, bureau
« Voltaire à sa table de travail », attribué à Carmontelle

© Herve Lewandowski/ Centre des monuments nationaux

Das Schloss nach Voltaire

Eine Gedenkstätte

Nach dem Tod Voltaires werden das Schloss und ein Teil des Mobiliars von seiner Nichte, Madame Denis, veräußert. Der Besitzer des Ortes von 1778 bis 1785, der Marquis de Villette, zerlegt das Anwesen. Er setzt das Schloss in Szene, um den posthumen Kult des großen Mannes auszurichten, und macht somit Ferney zur ersten einem Schriftsteller gewidmeten Gedenkstätte in Frankreich. 

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Vue extérieure sur la façade principale du château, au loin avec l'église sur la gauche. En avant-plan des visiteurs discutent. De grands arbres entourent le château et l'église
« Vue du château de Voltaire » (1821) par Godefroy Engelmann

© David Bordes / Centre des monuments nationaux

Ein Nationaldenkmal

1958 wird das Schloss Voltaires unter Denkmalschutz gestellt. Die Nachkommen der Familie Lambert treten das Schloss 1999 an den französischen Staat ab. Das Ensemble besteht heute aus dem Schloss (das im Großen und Ganzen sein äußeres Erscheinungsbild beibehalten hat, jedoch im Inneren stark umgebaut wurde), den Park, dessen landschaftliche Gestaltung im Wesentlichen auf das 19. Jahrhundert zurückgeht, den von 1885 stammenden Pavillon des Hausmeisters, die 1901 erbaute Orangerie und die Kapelle, die bis 1826 Pfarrkirche von Ferney war.

Seit 2007 ist das Schloss Teil des Netzwerks Centre des monuments nationaux, das für seinen Erhalt zuständig ist und es ganzjährig für Besucher öffnet.

Eine große, von 2015 bis 2018 stattgefundene Restaurierungskampagne bot die Gelegenheit, den Besichtigungsrundgang neu zu überdenken und zu bereichern.
 

Vue extérieure sur la façade principal du château de Voltaire (façade sur cour)
Château de Voltaire - Cour d'honneur

© Patrick Tourneboeuf - Tendance Floue / Centre des monuments nationaux

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